Wasmuht, Corinne Pathfinder, 2002
Öl auf Holz, zweiteilig Bildmaß: 243 x 324 cm Courtesy: Johann König, Berlin & Friedrich Petzel Gallery Foto: Archiv Sammlung Viehof

Text zum Werk

"Die in ein kaltes Blau getauchten Ölmalereien auf Holz zeigen Raumfluchten in eine [...] urbane Szenerie mit Straßen und Gebäuden [...]. Wasmuhts langwierige Malprozesse und die Überlagerung verschiedener Referenzmodelle zeigen eine erst im Auge des Betrachters entstehende Form der Digitalisierung eines analogen Malverfahrens. Ihre Bilder sind Interpretationen von Natur und Kultur, gleichsam Interferenzen, positive Störung von Geschichte und Medien. Wasmuht vermeidet eine oberflächliche, gestische Subjektivität und wendet eine kalkulierte, nüchterne Objektivierung von Wahrnehmung an - einer Durchleuchtung und Kältemetapher in Motiv und sozialem Kontext gleich."

Jansen, Gregor: Vollendet das ewige Werk, in: Vollendet das ewige Werk - Sammlung Rheingold in Schloss Dyck 2011, Hrsg.: Sammlung Rheingold, Düsseldorf 2011, S. 16

Zur Person

geboren 1964 in Dortmund
lebt und arbeitet in Berlin

Corinne Wasmuth, heute eine der wichtigsten deutschen Künstlerinnen ihrer Generation, wuchs als Tochter eines deutschen Ingenieurs in Peru und Argentinien auf. 1983 bis 1992 studierte sie an der Kunstakademie Düsseldorf. Seit 2006 hat sie eine Professur an der Kunstakademie Karlsruhe inne.

"Corinne Wasmuhts großformatige Gemälde der letzten Jahre eröffnen neue Dimensionen der Wahrnehmung. Die in Argentinien aufgewachsene Künstlerin erzeugt multidimensionale Bildräume, die uns durch die jederzeit mögliche Präsenz des Ungleichzeitigen und Verschiedenen beim Gebrauch elektronischer Medien vertraut sind. Dabei spilen in ihrer Malerei Licht, Zeit, Farbe, Architektur und Natur eine besondere Rolle, ebenso wie ein umfangreiches Archiv mit unzähligen Fotografien. Aus der collageartigen Verknüpfung und Zusammensetzung des fotografischen Materials entwickelt Wasmuht (früher von Hand, heute am Computer) die Motive für ihre Malerei, die sie am Ende des Entscheidungsprozesses als Vorzeichnung auf den Malgrund überträgt. Wie Hinterglasmalerei, Schicht für Schicht von Hell nach Dunkel, werden Wasmuhts Bilder aus einem leuchtendhellen Hintergrund aufgebaut. Noch auf der obersten Ebene blitzen zahllose Lichtreflexe auf. Das Ergebnis sind Bilder in altmeisterlicher Technik auf Holz, die Momentaufnahmen unserer urban-architektonischen wie landschaftlichen Umgebung polyperspektivisch ineinander fließen lassen. Obwohl Fragmente unserer unmittelbaren Alltagswirklichkeit erkennbar bleiben, entstehen faszinierende, fremd anmutende Räume und Umgebungen, wobei die einzelnen Szenen syntaktisch unverbunden nebeneinander zu schweben scheinen. Sie gleichen eigentümlich emotionslosen Realitätsfetzen, etwa wenn menschlose Jeanshosen sich im Laufmodus durchs Bild bewegen. Oder wenn Kachelbodenfragmente wie eine Fata Morgana Spiegelungen erzeugen vor einem dunklen Abgrund und dabei perspektivisch wie selbstverständlich einer eigenen Ordnung folgen. Architekturen, Körper und Räume stehen als autarke Einheiten in diesen Bildern nebeneinander, nur an den Schnittstellen lose verbunden durch feine Abstufungen in der Farbtemperatur, die manchmal in giftig schillernde Abgründe driftet. Porös und brüchig erscheinen sich die Bildräume in Auflösung zu befinden - oder bauen sie sich gerade erst zu einer neuen, unbekannten Wirklichkeit auf?!"

Katja Blomberg/ Ellen Seifermann: Die Geschwindigkeit der Malerei; in: Supracity - Corinne Wasmuht; Berlin 2009, S. 6