Dahn, Walter What's going on, 1990
Metall, Tonbandstreifen, Papier, Holzhocker Maße Variabel © Walter Dahn Courtesy: Courtesy Sprüth Magers Berlin/ London Foto: Archiv Sammlung Viehof

Text zum Werk

In vielen Werken findet sich das Thema der Musik wieder, die in Dahns Leben eine große Rolle spielt. Oft fließen Symbole aus den Covern sowie Songtexte berühmter Bands wie The Smiths, den Sex Pistols oder The National in seine Werke ein. Dahn selbst hatte sich intensiv als Punkrock-Musiker mit dem Medium auseinander gesetzt. Seit 1981 arbeitet Dahn auch als Musiker. Im Laufe der Jahre hat er mit einer Reihe von Kollegen und Bands zusammen gespielt. 

 

Zur Person

geboren 1954 in St. Tönis
lebt und arbeitet in Köln

Walter Dahn studierte von 1971 bis 1979 an der Kunstakademie Düsseldorf und machte seinen Meisterabschluss bei Joseph Beuys. 1979 war er Mitbegründer der Künstlergemeinschaft "Mülheimer Freiheit", die sich nach der Straße benannte, an der das gemeinsame Hinterhofatelier lag. Zu der Gruppe gehörten Hans Peter Adamski, Peter Bömmels, Jiří Georg Dokoupil, Gerard Kever und Gerhard Naschberger.

Sie entwickelten einen neoexpressionistischen figurativen Stil mit intensiver Farbgebung als Protest gegen den in den 70er Jahren vorherrschenden  intellektuellen Minimalismus und die Konzeptkunst, durch die ihrer Meinung schon alles gesagt worden war. Dahn setzte sich in klein- und großformatigen Gemälden intensiv mit der Malerei auseinander, deren Sinn er in Frage stellte. Die figurativen Werke wirken hastig und unpräzise auf die Leinwand geworfen, die Motive sind aufs Wesentliche reduziert, halb ausgeführt, grotesk und gleiten nicht selten ins Obszöne ab. In den Titeln finden sich Witze und Andeutungen, die diese visuellen Eindrücke von Kunst, Kultur und eigener Erfahrung vertiefen. Dahns Malerei scheint nichts ernst zu nehmen und richtet sich damit nicht zuletzt sogar gegen sich selbst. Dahn legte den ersten Grundstein für die "Bad-Painting"-Bewegung und zählt heute zu den Künstlern der 1980er, die den "Neue Wilden" oder "Fauves" zugerechnet werden.

In den folgenden Jahren zog sich der Künstler konsequenterweise nach und nach aus der Malerei zurück und wendete sich Siebdruck, Fotografie, Zeichnungen und Film zu. Entgegen der üblichen Praxis handelt es sich bei seinen potentiell reproduzierbaren Werken jedoch um Originalbilder ohne Auflage.
Heute lehrt Dahn Malerei an der Hochschule für bildende Künstler. 

Quelle: Eigentext 

 

"Die individuelle Handschrift ist die Idee, die Ausführung können auch andere machen." Mit diesem Gedanken gibt Dahn einen Schlüssel zum Verständnis seiner großformatigen Bilder. Kongruenz von Idee und eigenhändiger Ausführung ist jedenfalls ein qualifizierendes Merkmal seiner Zeichnungen. Es geht Dahn nicht um die persönliche künstlerische Handschrift im Sinne von Stilfindung, nicht um das Schaffen von kunstmarktorientierten Trademarks, von Wiedererkennungswerten. Diese empfindet er als Stagnation. Ihm ist - und darin sieht er Gleichgesinnte etwa in Sigmar Polke - permanentes Experimentieren notwendig. Künstlerisch tätig sein heißt für ihn dynamisches Schaffen, Suchen nach immer wieder anderen Ausdrucksmöglichkeiten. In diesem Sinne erweist er sich als Schüler von Joseph Beuys.
[...]
Dahn schöpft aus einem Repertoire von Urformen. Es handelt sich um archetypische Zeichen, die in der Kulturgeschichte der Menschheit immer wieder mit sich wandelnden Bedeutungen besetzt worden sind, seien es heidnische Male oder auch christliche Symbole. Sie stehen für einen individuellen Weltentwurf Dahns gleichsam als Pfeiler seines Gedankengebäudes. Ihre ursprüngliche Bedeutung erfährt durch Dahn eine Neu- oder Fremdbesetzung. Der auf überlieferte Symbolik trainierte Betrachter wird in gleicher Weise wie der unbefangene von Dahns Zeichnungen in Bann gezogen. Sie setzen sich fest und wirken nach. Sie wecken Assoziationen, allgemein und individuell. Sie sind zeichenhaft reduziert und farbig zur Ikone verdichtet, Mediationsbilder..."


Quelle: Hinrich Sieveking, in: Walter Dahn, Zeichnungen 1986/87, München 1988, S. 8 & S. 12 - 13