Berges, Laurenz Garzweiler, 2003
C-Print 130 x 172 cm Courtesy: The Artist / © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 Foto: Laurenz Berges

Text zum Werk

Das Thema der Leere und der Abwesenheit von Personen [...] wird bei Laurenz Berges auf die Spitze getrieben. In den Bildern des 1966 in niedersächsischen Cloppenburg geborenen Photographen artikuliert sich diese Leere vor allem in der Erfahrung der Stille – eine Normalität der Erfahrung von Bildlichkeit, die aber hier im Verein mit dem besonderen, gedämpften Lichtverhältnissen der Innenraumaufnahmen in ganze eigentümlicher Weise wirksam wird. 

[...]

Zunächst waren es Kasernen ehemaliger sowjetischer Truppen, die er 1991 bis 1995 auf Reisen in Ostdeutschland photographierte; anschließend waren es Privathäuser, die den Braunkohletagebau im Gebiet zwischen Köln und Aachen zum Opfer fielen.
Einem Spurensucher vergleichbar folgt der Bildbetrachter dem Photographen in die Gebäude, die eher abgründigen, skurrilen Ansichten eines vormaligen Lebens enthüllend, dessen Ablauf und Akteure man sich unweigerlich vorstellt. Die stark ausschnitthafte Optik verschönt nichts, erscheint insofern „realistisch“, als sich Berges des Tageslichts bedient, und verliert ihre mitunter surreale Qualität auch nicht beim Blick aus dem Fenster in eine Lanschaft, die den Fortzug der Bewohner durchaus nachvollziehbar macht. So zärtlich und „menschlich“ manche Räume auch wirken mögen, so rauh und abstoßend erscheint bereits das nächste Bild aus diesem unwirtlichen Lebensraum, wo sich die Unsicherheit nicht abstreifen lässt, ob „früher“ (d.h. als die Häuser bewohnbar waren) wirklich alles besser war. Laurenz Berges führt dabei teilweise kühne Kompositionen vor Augen, wenn etwa in Garzweiler der Blick aus dem Fenster die traditionelle Metapher des Bildes als „finestra aperta“ ironisch zitiert, aber zugleich der rechte Fensterrand abgeschnitten ist. Gerade vor diesem Hintergrund ernüchtert die Weite der mehr als kargen Landschaft, die alles andere als eine romantische Wirkung besitzt. Einsamkeit, Leere und Melancholie sind hier für die Grundzüge eines sich beim Betrachter unweigerlich aufdrängenden Bedürfnisses, das Gezeigte erzählerisch zu bewältigen.

Stefan Gronert: Die Düsseldorfer Photoschule – Photografien 1961 - 2008, Schirmer-Mosel, 2009, S. 41/42

Zur Person

geboren 1966 in Cloppenburg
lebt und arbeitet in Düsseldorf

Laurenz Berges studierte an der Universität Essen von 1986 bis 1993 Kommunikationsdesign. Nachdem er dort sein Diplom gemacht hatte, arbeitete er von 1988 bis 1989 als Assistenz der Fotografin Evelyn Hofer in New York. 1992 begann er ein Studium der Fotografie an der Kunstademie Düsseldorf, wo er 1996 der letzte Meisterschüler von Bernd Becher wurde.