Butzer, André Untitled, 2008
Öl auf Leinwand 260 x 340 x 5,5 cm © A. Butzer Courtesy: Courtesy Galerie W. Baudach, Berlin Foto: Foto: Henning Rogge

Text zum Werk

"Wie schon mit der Entleibung seiner Motivfiguren vollzieht Butzer auch auf farblicher Ebene eine malerische Enträumlichung, die zugunsten des einheitlichen Flächenzusammenhangs weder Tiefe noch Schwerkraft anerkennt. Nichts überwiegt, sondern ist gleichwertig ermessen, bis sich alle Bildelemente ausgeglichen fügen. Die Primärfarben [...] können sich so fast vollständig zurück nehmen. Ihre Wirkmacht ist nicht quantitativ, vielmehr ist sie der befestigte Grund, auf dem das Bild entsteht. Die bezugsstiftende Substanz behält sich ein, um aus der eigenen Ruhe und von den Rändern her das bildliche Gefüge zur Erscheinung kommen zu lassen: für das Geschiebe ihrer Mischfarben Grün, Rosa, Orange oder Purpur ebenso wie für die bewegten Schwünge, Brüche oder Sprünge ihrer Kontraste.
Diese Um- und Zwischenräume verbindet Butzer mit ihrem Eigeneraum, so dass der Eindruck des gesamten Farbkörpers erst, wenn man sie derart zusammen sieht, zustande kommt. Dabei geschieht Erstaunliches. Im weißen Licht der Bildgründe bleiben Farbe und Linie nicht länger getrennt. Lineare Bänder und farbige Flächen gehen ausgesöhnt ineinander über. [...] Der Kontur wird in seinem "flächemachenden" Vollzug selbst flächig und die ausgedehnte Flächenfarbe fasst sich selbstbewusst in nur ihren gemäßigten Grenzen. Ist die Linie flächenbildend, wird die Farbe aus sich heraus formbildend. Dabei verleiht das lichte Weiß auf "Ohne Titel" (2008) den Silhouetten, Flecken und Ornamenten eine Leichtigkeit, in der sie zu einer undurchdringlichen Farbwand aufschweben. Ausgewogen wie ein Mosaik, in dem noch das kleinste Element maßgeblichen Anteil am ganzen Bau hat. Butzer führt Farbe und Linie an ihre Grenzen. In dieser Entgegensetzung aber schlagen sie einander um. Was bislang unvereinbar schien, Statik und Bewegung, Fläche und Linie, Form und Auflösung zieht er in einer einzigen Farbigkeit zusammen, die diese Extreme in sich trägt. Diese Farbigkeit ist der eigentliche Träger der Bilderzählung. [...] Die eigene Zerstörung oder Schöpfung widerfährt ihm und gleichermaßen zeugt es sie. Es erfährt und bezeugt sich im selben Augenblick. Um das Bild auf dieser Schwelle zu halten, bedarf es eines unausgesetzten Maßnehmens, das durch alle Verwerfungen und Zerrüttungen hindurch den beziehungsreichen Zusammenhang erblickt. Ein geklärtes Denken aus der Farbe. Von dort her stellt Butzer die frage nach dem "Charakter" seiner Bilder.

Die Bilder zeigen ihr farbiges Design. Die Farbe ist der Austragungsort des Bildes. Sind sich die einzelnen Elemente auch noch so zuwider, in der Gesamtordnung sind sie unverrückbar einbezogen. Jede Form, Bewegung oder Farbe setzt Butzer ins Äußerste, um sie von dort her auszugleichen, so dass sie einander gleichwertig zu einem geeinten Ganzen bringen."

Quelle: Christian Malycha: Sein und Bild. in: André Butzer 1994 - 2014., Kerber Art, 2017, S. 245 ff.

Zur Person

geboren 1973 in Stuttgart
lebt und arbeitet in Berlin 

Nachdem André Butzer für eine kurze Weile an der Merz Akademie in Stuttgart studiert hatte, wurde er 1996 bis 2000 Mitglied der "Akademie Isotrop". Dabei handelt es sich um eine Künster*innengruppe, die sich aus Hamburger Studierenden und selbst ernannten Professor*innen zusammensetzt und sich als Alternative zu einer institutionalen staatlichen Kunstakademie versteht. 

In seinen fiktiven und überspitzten Bildwelten mischt er europäischen Expressionismus mit amerikanischer Populärkultur und bezeichnet diesen Stil  als „Science-Fiction Expressionismus". Als Vorbilder dienen ihm Künstler wie Paul Cézanne, Edvard Munch, Henri Martisse, Walt Disney oder Henry Ford. Butzer beherrscht jedoch auch die geometrische Abstraktion, in der reduzierte, vereinfachte Formgebilde vor einfarbigem Hintergrund zu einer Komposition verschmelzen.