Baer, Monika Road Works, 2009
Aquarell, Acryl, Öl auf Leinwand, Naht 85,5 x 65,5 cm Courtesy: Monika Baer & Galerie Barbara Weiss Foto: Jens Ziehe

Text zum Werk

"Die Spannung zwischen Idee und Materialisation, Bild und Träger findet sich als skupulöse Bastel- und Färbearbeit, buchstäblich in der Naht wieder, die so zum Strukturelement der "Busenbilder" wird. Denoch dem nicht genug. Geht es schon an die Grenze malerischer Formfragen, wenn "Naht" formal derart exponiert besetzt und gleichzeitig thematisch angetriggert wird (indem man dafür z. B. das Illusionswerkzeug des Trompe-l'oeil in harte Tatsachen zurück verwandelt, nur um die frappante Assoziation einer Denim-Jeans zu erreichen), platzen daraus einzeln oder zu mehreren meist platte, flach gemalte, milchig blasse oder mit merkwürdigen, halb gegenständlichen halb formlosen Inserts (Mauern, Straßenszenen, Pinselabstrich-Patterns) angereicherte, teils aggressiv auf der Bildfläche spritzende oder auch nur dezent illusionistisch im Bild tropfende Busen hervor. Der Busen als pars pro toto ist zugleich ein unbedingt ernst zu nehmender Flachwitz über das ewige Drohbild des Ikonischen (wie es ganz besonders im malerischen Bildversprechen begründet liegt und gegen das sich das Konzept des Modernismus bis hinein in die Minimal und Concept Art so vehement verwahrte) und dessen selbstbewusste Inanspruchnahme. Seltener jedenfalls waren Busen in der Malerei vorher drastischer gezeigt worden, selten poitierter gedachte Bilder zu sehen gewesen."

aus: Hans-Jürgen Hafner: A new face of hell. in: Monika Baer, hrsg. von Galerie Barbara Weiss, Berlin / Richard Telles Fine Art, Los Angeles, Walther König, Köln, 2011, S. 18

Zur Person

geboren 1964 in Freiburg
lebt und arbeitet in Berlin

Monika Baer studierte von 1985 bis 1992 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Alfonso Hüppi. Von Anfang an hinterfragt Monika Baer die Möglichkeiten und die Grenzen der Malerei und was sie schlussendlich zur Kunst erhebt, die sie ihrer Meinung nach nicht automatisch einfach ist.

 "Als Monika Baer in den 1980er Jahren an der Kunstakademie in Düsseldorf studierte, hat sie darüber nachgedacht, worin der Unterschied liegt, sich nun der Kunst oder der Malerei zuzuwenden. Anscheinend hatte sie damals das Gefühl, dass jemand, der Kunst studiert, einer Tätigkeit der Selbstbefragung nachgeht, während die Malerei (zu der Zeit) eher unreflektiert war und von übermäßigem Selbstvertrauen zeugte. Die Künstler, die sie bewunderte, waren alle Protagonisten der Minimal- und der Konzeptkunst und wurden in Düsseldorf zuerst von der Galerie Konrad Fischer gezeigt. Sie fragten danach, in welcher Weise sich ein Kunstwerk von einem anderem Objekt unterscheidet (oder auch nicht) und wie es seine Existenz in der Welt rechtfertigt. Die Malerei hinterfragte dagegen ihren eigenen Status in keiner Weise.
Monika Baer verstand ihre Aufgabe darin, die selbstkritischen Untersuchungen der "Kunst" zu umarmen und zu erweitern, indem sie Farbe auf die Leinwand auftrug. Und dabei vrsucht sie, eine Position zu vertreten, die anders war als die kalte Meisterschaft eines Gerhard Richter, die kosmische Experimente eines Sigmar Polkes und die ironischen Angebereien eines Martin Kippenbergers oder Albert Oehlen. Baer begegnete diesem Dilemma mit drei Strategien, die ihre Mapraxis bis zum heutigen Tag bestimmen.
Als Erstes bestimmte sie die Malerei als eine Art Bühne für sich, die es von ihre einzirichten galt und in der verschiedene Elemente Requisiten anhnelten oder sogar Rollenspiele übernahmen. [...]
Baers zweite Stategie besteht darin, Gemälde mit unterschiedlichen Elementen auszustatten, deren Beziehungen untereinander völlig inkohärent sind. Das schafft Gemälde, die sich leichtfüßigen Interpretationen verschließen und widersetzen. [...]
Die dritte Strategie besteht darin, lieber in kleinen Werkserien zu arbeiten, die durch das Wiederauftauchen eines bestimmten Motivs charakterisiert sind, als Einzelwerke zu schaffen. [...]
Diese drei Strategien oder Arbeitstechniken machen für Baer die Malerei zur "Kunst", weil sie mit ihnen die Art von selbstkritischer und hermeneutischer Komplexität verbindet, die sie selbst zum ersten Mal bei der Betrachtung von Kunst, nicht jedoch von Malerei, kennen gelernt hat. "

aus: Mark Godfrey - A new painting of spirit. In: Monika Baer - Große Spritztour. Katalog der Ausstellung im Museum Abteiberg, Mönchengladbach / Kestner Gesellschaft, Hannover; 2016, hrsg. von von Susanne Titz & Christina Végh. S. 53 - 55